Vegane Pflanze entdeckt und trotzdem ernst genommen – warum psychologische Sicherheit für Innovationen so wichtig ist
Die Aufgabe: Neues im Innovationsdschungel erforschen. Das richtige Team für die Expedition hatten wir bereits in der letzten Dschungelgeschichte (Plantagenmanager und junge Wilde) zusammengesetzt. Wir wollten es schon auf den Weg schicken, als uns siedend heiß einfiel, dass für dieses Vorhaben noch etwas Wichtiges fehlt. Um gemeinsam bestmöglich auf Unerwartetes – Gefahren genauso wie Chancen – reagieren zu können, muss der Beitrag jedes einzelnen Teammitglieds wirken können.
Die Voraussetzung dafür liefern die Zauberworte „psychologische Sicherheit“ im Miteinander. Das bedeutet: Alle im Team können darauf vertrauen, dass kein anderes Teammitglied sie verachtet, bloßstellt oder bestraft, wenn sie einen Fehler machen, eine Frage stellen oder eine Idee einbringen. Angesichts der äußeren Unsicherheit des Frühphasendschungels ist innere Unsicherheit im Miteinander besonders fatal. Es gilt schließlich, sich in unbekanntem Terrain zurechtzufinden und dort als Team nicht nur zu überleben, sondern zu gedeihen.
In unserem frisch zusammengestellten Expeditionsteam haben wir nun Menschen mit vielfältigen Erfahrungshintergründen und Begabungen (siehe Plantagenmanager und junge Wilde). Was dabei im Miteinander schief gehen kann, haben die meisten von uns im Alltag schon erlebt. Da wird die Bastlerin gescholten, weil ihre schnelle Behelfslösung nicht so gut funktioniert wie man das von zuhause kennt, oder dem Späher wird erklärt, er bilde sich die Gefahr nur ein, weil die anderen noch nichts erkennen können. Der Vorschlag der Sprachtalentierten, mit einem neuen Stamm von Urwaldbewohnern Kontakt aufzunehmen, wird weggewischt mit der Begründung, man wisse doch schon alles, was es zu wissen gibt. Der Mundharmonikaspieler bekommt zu hören, er solle es mit seinen Kaspereien am Lagerfeuer jetzt mal gut sein lassen, man habe Wichtigeres zu tun.
Solches Verhalten verhindert, dass der individuelle Beitrag aufgenommen und genutzt wird. Zudem bewirkt es, dass die Betroffenen sich in Zukunft wenn überhaupt nur noch zurückhaltend einbringen. Da überrascht es nicht, dass in einer Studie von Google einwandfrei gezeigt werden konnte, dass selbst hochqualifizierte und scheinbar ideal zusammengesetzte Teams mit einem geringen Grad an psychologischer Sicherheit weit hinter den Hochleistungsteams zurückbleiben.
“Schaut mal, ich habe eine vegane Pflanze gefunden!” klingt komplett bescheuert? Nur so lange bis sich herausstellt, dass es sich um die Entdeckung der ersten pflanzenfressenden Pflanze handelt, für die sich sogar eine vielversprechende Nutzung abzeichnet (Näheres dazu hier)!
Die Pionierin der Erforschung von psychologischer Sicherheit, Harvard-Professorin Amy Edmondson, gibt einen wertvollen Hinweis, wie die dazu notwendige innere Haltung im Team entstehen kann. Als Grundlage dafür sieht sie die Fähigkeit, in Bezug auf neuartige Situationen und Herausforderungen mit Demut zu reagieren – sich also einzugestehen, dass man die Lösung (noch) nicht kennt. Was zunächst banal klingt, ist nicht nur für das persönliche Erleben ein Paradigmenwechsel, sondern auch für die Definition von Erfolg. Unter dieser Prämisse wird eine Herausforderung nämlich nicht als Aufgabe betrachtet etwas umzusetzen oder zu “abzuliefern”, sondern als Lernaufgabe, in der es gilt gemeinsam den besten Weg zu entdecken.
Aus einer Expedition zu einem vorgegebenen Ziel, die möglichst schnell mit möglichst vielen nutzbaren Schätzen zurückkommen soll, wird dann eine Forschungsreise in den Dschungel, die mit Neugier und Begeisterung angetreten werden kann. So weichen Druck und die Angst vor dem Scheitern dem Entdeckergeist. Wenn sich die Neugier und Offenheit nicht nur auf das Terrain beziehen, sondern auch auf die Perspektiven, Talente und Ideen der anderen Teammitglieder, schöpft das Team sein volles Potenzial aus. Dann werden nicht nur alle gehört, sondern gestalten auch Entscheidungen gemeinsam. So kann ein Miteinander wachsen, in dem die Beiträge aller sichtbar und wirksam werden können und ungeahnte Möglichkeiten entstehen dürfen.
Falls Sie sich jetzt fragen, wie das, was hier so einfach klingt, im echten Leben in Ihrem Explorationsteam Wirklichkeit werden kann, haben wir zwei gute Nachrichten für Sie:
Erstens: Psychologische Sicherheit kann bewusst entwickelt und gefördert werden.
Zweitens: Das ist einfacher als Sie jetzt vielleicht vermuten. Wöchentliche kleine “Anstupser” können schon sehr viel bewirken. Eine zwei-minütige Wertschätzungsdusche für jedes Teammitglied, ein regelmäßiges Verbundenheits-Review im Team oder – einfacher geht es nun wirklich nicht! – eine Strichliste für Redebeiträge sind nur drei Beispiele. Weitere Inspiration und konkrete Anleitung dazu finden Sie hier: www.psych-safety.org
Natürlich teilen auch wir unsere Tipps und Erfahrungen mit Ihnen. Schreiben Sie uns mit Ihren Fragen – und gerne auch mit Anekdoten aus Ihrem Alltag im Innovationsdschungel – unter dschungel@five-is.com