Gute Ideen sind nicht das knappe Gut. Entscheidend ist, was mit ihnen geschieht. Ein funktionierendes Innovationssystem kann man unter anderem daran messen, wie viele Projektabbruch-Entscheidungen in den frühen Gates (1 bis 3) getroffen werden. In vielen Unternehmen „beseitigen“ die Gatekeeper Projekte nicht, sondern „verwunden“ sie bloß, indem sie ihnen Ressourcen entziehen.
Kern des Risikomanagements eines Stage-Gate® Prozesses ist das Trichter-Prinzip: in viele Ideen/Konzepte zu Beginn ein wenig investieren, um dann sukzessive jene Neuprodukt-Projekte auszuwählen, in welche dann viel investiert wird. So wird die Spreu vom Weizen getrennt, und echte Innovationen entstehen.
Warum Projekte mit wenig Potenzial nicht gestoppt werden, auch wenn es unklug ist, lässt sich anhand von fünf Hauptgründen erklären:
1. Man hat schon viel Zeit und Geld in das Thema investiert.
2. Das Projekt ist auf Roadmap bzw. im Budget und damit „gesetzt“.
3. Unverlässliche Informationen und Angst vor falscher Entscheidung.
4. Keine Methode für Projektabbruch-Entscheidungen.
5. Hohe emotionale Bindung: Projektmitarbeiter haben „Herzblut“ im Projekt, Führungskräfte schützen ihre „Lieblingsprojekte“.
Stark umgesetzte Stage-Gate®-Prinzipien (wie etwa ausgeprägte Marktorientierung, Kundenintegration oder frühe Produkt- und Projektdefinition) sind auch ein Schlüssel zu „großen“ Innovationen. Dies erfordert von vielen Personen in der Organisation ein hohes Maß an Disziplin. Denn vor allem die Gates funktionieren oft nicht so, wie gedacht. Genau daran krankt dann auch das ganze Innovationsmanagement: Gates verkommen zu Meilensteinen, die vornehmlich dem Austausch des Projektstatus dienen. Die Folge: zu viele Projekte laufen parallel. Die Ressourcenausstattung je Projekt schrumpft, die Projektarbeit leidet, die Time-to-Market steigt, und vielversprechende Innovationsprojekte „dümpeln“ vor sich hin. Die dadurch entstehenden „Kosten“ in Form von entgangenen Umsätzen und Deckungsbeiträgen werden gerne übersehen.
Um große, ambitionierte Innovationsvorhaben voranzubringen, sind intelligente Gates notwendig, die nach folgenden fünf Prinzipien funktionieren:
• Entscheidungen anhand der richtigen Kriterien treffen.
Was ist für Ihr Unternehmen richtig? Wenn es darum geht, mit Innovationen mehr als inkrementell zu wachsen, braucht Ihre Firma eine kühne Innovationsstrategie, die auf echte Neuerungen und mutige Konzepte abzielt. Die Kriterien zur Bewertung und Priorisierung von Innovationsthemen und -projekten müssen genau diese Strategie abbilden und sollten nicht „durch die Hintertür“ die schnellen, kleinen, risikoarmen Projekte favorisieren.
• Sich von Unsicherheit nicht abschrecken lassen …
… sondern ihr aktiv begegnen. Dazu gibt es zahlreiche Möglichkeiten, z.B.
 Vergleiche, Analogien und Erfahrungen mit ähnlichen Aufgabenstellungen als „Anker“ für die Einschätzung des neuen Projektes verwenden.
 – Nicht der Illusion der sicheren Entscheidung nachjagen, sondern durch rasches Konkretisieren von Teilaspekten, schnell und früh im Projekt lernen und damit die die Sicherheit schrittweise erhöhen.
• Die richtige Informationsqualität sicherstellen.
Wir meinen hier nicht das Prinzip „je mehr desto besser“ sondern empfehlen den Fokus genau auf jene Informationen zu legen, die das Projekt voranbringen. Das heißt,
 – nicht das dokumentieren, was ohnehin klar ist und Erwartungen bestätigt, sondern gezielt nach Überraschungen, Widersprüchen und möglichen Stolpersteinen suchen.
 – schon zu Beginn das Projekt zu Ende denken, um später Verzögerungen und Schleifen im Projektablauf zu vermeiden und nicht z.B. aufgrund von Beschaffungsengpässen die Markteinführung zu verzögern.
• Die Innovationskraft der Beteiligten nutzen und pflegen.
Ambitionierte Innovationen entstehen vor allem dann, wenn Menschen mit unterschiedlichem Wissen und Erfahrungshintergrund miteinander intensiv kommunizieren. Deshalb muss auch bei Gate-Entscheidungen genügend Zeit und Raum geschaffen werden, damit Projektleiter und –team sowie Entscheidungsträger einen konstruktiven Dialog für eine kluge Entscheidung führen können.
Eine Kultur, die ehrgeizige Innovationen hervorbringen soll, muss auch Risiko und Flops zulassen. Damit Menschen auch nach Projektabbruch-Entscheidungen weiter innovativ sind, gilt es
 – Erfolg nicht nur am „Go“ messen sondern auch Beiträge zu rechtzeitigen, richtigen Projektabbruchentscheidungen anerkennen und als Erfolge feiern.
 – die Gründe für Entscheidungen zu kommunizieren und den Entscheidungsprozess transparent zu gestalten.
• Mit echtem Commitment die Erfolgsgrundlagen schaffen.
„Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ funktioniert bei ambitionierten Innovationsprojekten nicht, denn
 – eine Idee kann nur erfolgreich werden, wenn die notwendigen Ressourcen investiert werden. Deshalb müssen jene Führungskräfte, die im Besitz dieser Ressourcen sind, verantwortungsvoll entscheiden und dazu stehen.
 Dies braucht angesichts unvollständiger Information und herausfordernder Themenstellungen auch Mut, Geduld und langen Atem.